Technische Universität Berlin

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Unser Team an der
Technischen Universität Berlin
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Dr.Rene Tuma

Mina Godarzani-Bakhtiari

Talia Tuana Yücel

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Der Forschungsschwerpunkt des Teilprojekts in Berlin ist zweigeteilt: Einerseits liegt er auf den Veränderungen der polizeilichen Arbeit im Kontext von Vernehmungen durch die Einführung der Videodokumentation. Andererseits untersuchen wir, wie außerpolizeiliche, insbesondere zivilgesellschaftliche, Organisationen visuelle Technologien einsetzen, um polizeiliche Arbeit zu verhandeln.

Video im Kontext polizeilicher Vernehmungen

Die Einführung der verpflichtenden Videodokumentation von Vernehmungen in Deutschland (seit 2020 in Kraft) stellt einen bedeutenden Wandel in der polizeilichen Praxis dar. Unser Interesse liegt darin, nachzuvollziehen, wie sich Vernehmungen durch den Einsatz visueller Technologien verändern und welche Auswirkungen dies auf polizeiliche Praktiken sowie auf den Verlauf weiterer Ermittlungsverfahren hat. Videoaufzeichnungen ermöglichen eine neue Dimension der Sichtbarkeit, indem sie den flüchtigen Charakter von Vernehmungssituationen konservieren und so eine retrospektive Bewertung des Handelns der Beteiligten erlauben. Diese neue Sichtbarkeit eröffnet verschiedenen Akteursgruppen – sowohl innerhalb der Polizei als auch in externen Gremien wie Gerichten (beschränkt auch wissenschaftlichen Analyse) – neue Zugänge Vernehmungssituation. Es zeigt sich, dass über die Dokumentationsform Video Aushandlung von Legitimität und Transparenz polizeilichen Handelns stattfinden, die weiterer Ausarbeitung verlangt.

Forschungsfragen:
– Wie sich die Vernehmungssituation selbst durch die Integration von Videotechnologie verändert.
– Wie diese Technologien zur Etablierung neuer Wissensbestände und Vernehmungsstrategien beitragen.
– Wie sich neue Formen des Datenmanagements herausbilden, insbesondere hinsichtlich Datenschutz, Zugang und Archivierung von Vernehmungsaufzeichnungen.
– Wie juristische, kommunikationswissenschaftliche und psychologische Expert:innen durch Videos die Beurteilung der Vernehmungssituation bewerkstelligen.

Die außerpolizeiliche Verhandlung von Polizeiarbeit durch visuelle Technologien

Gegenwärtig ist ein wachsender Einsatz visueller Technologien durch zivilgesellschaftliche Organisationen und Bürgerrechtsgruppen zu beobachten. Diese Akteure nutzen audiovisuelle Daten, um Polizeihandeln zu dokumentieren und in der öffentlichen und juristischen Debatte zu thematisieren. Im Rahmen unserer Forschung interessiert, welche neuen kommunikativen Form der Auseinandersetzung mit polizeilicher Arbeit durch die Organisationen begründet werden. Wie werden Videos produziert, als Instrumente zur politischen Auseinandersetzung und als Beweismittel kommunikativ wirkmächtig gemacht.

Dabei legen wir besonderes Augenmerk auf die Entstehung neuer Formen des Videoaktivismus und der Videoanalyse, etwa durch Organisationen wie Forensic Architecture, die komplexe visuelle und räumliche Analysen einsetzen, um kritische Ereignisse zu rekonstruieren. Diese Organisationen professionalisieren den Einsatz von Video- und Bildmaterial und etablieren neue Methoden der Beweisführung und der öffentlichen Inszenierung von Investigationen bzgl. Polizeihandeln. Unsere Untersuchung zielt darauf ab, die epistemologischen und methodischen Grundlagen dieser neuen visuellen Praxis zu analysieren und nachzuvollziehen, wie visuelle Technologien zivilgesellschaftliche neue Formen der Verantwortungszuschreibung und der gesellschaftlichen Aushandlung der Bedeutung der Ereignisse zu entwickeln.
Unser Vorgehen kombiniert verschiedene Methoden, insbesondere Ethngraphien, ExpertInneninterviews, sowie ausgewählte Analysen von Dokumenten und Videoaufzeichnungen.